Das historische Stadtmodell

Von 1727 nach Aloys Jestaedt

Im Herzen der Stadt

Eine Zeitreise in das frühe 18. Jahrhundert

Haben Sie sich schon mal gefragt, wie der Ort an dem Sie gerade stehen einmal ausgesehen haben könnte? Anhand des historischen Stadtmodells am Universitätsplatz wird Geschichte greifbar. Tauchen Sie ein in das 18. Jahrhundert und machen Sie sich ein Bild von dem Zentrum der Stadt, welches nicht umsonst als „Herzstück“ bezeichnet wird – früher wie heute ein pulsierender Ort voller Begegnungen, Menschen und Geschichten.

Zur besseren Orientierung nutzen Sie gerne den beigefügten Übersichtsplan.

Entstehungsprozess

Doch wie entsteht ein historisches Stadtmodell? Neben viel Vorbereitung im Hinblick auf Grundlagenermittlung, Standortanalyse, Herstellung eines digitalen Geländemodells, Betrachtung des digitalen Katasterauszugs, Ortsbegehungen und vielem mehr sind auch an der Herstellung zahlreiche Personen beteiligt, wie u. a. Modellbauer, Steinmetz, Gußmeister, Wachsformer, Ziselierer, Patinierer und Gipsformer.

Begleitend zum Herstellungsprozess des historischen Stadtmodells wurde eine Fotodokumentation erarbeitet. Diese finden Sie hier:

Darstellung des historischen Stadtmodells

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Illustration Infostehle historisches Stadtmodell Fulda
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Langebrücke, Katharinenspital

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Eichsfeld, Angel

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Orangerie

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Michaelskirche

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Dom

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Paulustor

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Wiesenmühle

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Leinwebergraben, Abtstor

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Severikirche

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Bannhaus, Alte Kanzlei

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Stadtschloss

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Zentgericht

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Benediktiner­innen­kloster

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Jüdischer Friedhof

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Stadtpfarrkirche

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Gemüsemarkt, Wollwebergraben

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Stockhaus, Synagoge

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Jesuitenkirche, Ackerhof

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Peterstor

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Leonhardspital

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Kohlhäusertor, Heilig-Geist-Spital

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Fuldakanal, Walkmühle

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Bierturm

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Florentor

Über die Langebrücke und die gleichnamige Straße führte im Mittelalter der Hauptverkehr in das Kloster. Die Brücke soll bereits im 9. Jahrhundert aus Stein errichtet worden sein. Sie wäre damit die älteste bekannte Steinbrücke Deutschlands. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Brücke von deutschen Einheiten vor den heranrückenden amerikanischen Truppen gesprengt. Ein Neubau der Brücke wurde 1956 dem Verkehr übergeben. Auf der Stadtseite lag die Brückenmühle, auf der Neuenberger Seite das Katharinenspital. Dieses diente zunächst als Haus für Leprakranke, später als Spital für arme und kranke Frauen.

Eichsfeld und Angel gehörten zur Hinterburg, jenem Teil des Klosterbezirks, der dem Stiftskonvent, also der Gemeinschaft der Klosterbrüder, gehörte. Beim Angel handelt es sich um eine halbkreisförmig angelegte Häuserzeile, in deren Zentrum sich möglicherweise ursprünglich ein Platz (Anger) befunden hat. Der Name könnte auch von dem althochdeutschen Wort „angul“ (Haken, Biegung) stammen. Über den langgestreckten und relativ steilen Straßenzug des Eichsfelds führte ein Teil des von der Langenbrücke kommenden überregionalen Verkehrs. Die kleinen Parzellen der Häuser gehen nicht auf eine im Zuge des barocken Dombaus entstandene Handwerkersiedlung zurück, sondern sind viel älter. Das Eichsfeld trägt seinen Namen entweder von einem hier früher gelegenen Eichenwald oder aber von Eisschichten, die sich im Tal der Fulda im Winter bildeten.

Die im Zuge des barocken Schlossneubaus entstandene Orangerie schließt den im frühen 18. Jahrhundert entstandenen Schlossgarten an seiner nordwestlichen Grenze ab. Nach den Plänen des Mainzer Baudirektors Maximilian von Welsch entstand von 1722-1725 ein Barockgebäude, das mit seinem Mitteltrakt und den zwei Seitenflügeln mit der Kaisersaalterrasse des Stadtschlosses korrespondiert. Von der früheren Nutzung des Baus als Festsaal der Fürstbischöfe zeugt der Apollosaal, benannt nach dem großen Deckenfresko des Malers Emanuel Wohlhaupter, das in barocker Pracht den Sonnengott Apoll in seinem von vier Pferden gezogenen Wagen darstellt. An den westlichen Seitentrakt wurde Ende des 19. Jahrhunderts der Stadtsaal angebaut. Flankiert wird die Orangerie von zwei barocken Pavillons, die im 19. Jahrhundert anlässlich der Umgestaltung des Schlossgartens im englischen Stil abgerissen und zur Landesgartenschau 1994 als Rekonstruktion wiederaufgebaut wurden.

Neben der Klosterkirche (heute Dom) entstand unter Abt Eigil (reg. 818-822) eine Kapelle auf dem Mönchsfriedhof, die 822 auf den Erzengel Michael geweiht wurde. Während des 10. Jahrhunderts dürfte es durch die Einfälle der Ungarn zu schweren Schäden an dem Bau gekommen sein. Im Zentrum des Baus steht eine kreisförmige Krypta mit einer die Decke tragenden Säule. Dieser heute noch erhaltene Raum mit einem Kryptenumgang, in dem sich der leere Steinsarg Eigils befindet, ist der älteste Teil der Kirche, der noch aus dem frühen 9. Jahrhundert stammt. Über der Krypta befand sich eine Rotunde aus acht Säulen, die in ihrer ursprünglichen Form noch erhalten ist. Anstelle der
darauf aufsetzenden Kuppel trat ein Rundturm, der im 15. Jahrhundert seinen spitzen Helm erhielt. Während des 11. Jahrhunderts erfolgten bauliche Erweiterungen, so das Langhaus mit dem markanten Westturm. Für die Neubauten erfolgte 1092 die Weihe. Die im 17. und 18. Jahrhundert durchgeführten baulichen Änderungen im Barockstil wurden 1850 und 1937 wieder auf den älteren Zustand zurückgeführt.

An Stelle der alten Kloster- und Stiftskirche, besser bekannt als Ratgarbasilka nach dem Namen ihres maßgeblichen Architekten und Erbauers Abt Ratgar (reg. 802-817), entstand zu Beginn des 18. Jahrhunderts der heutige barocke Dom. Unter dem Architekten Johann Dientzenhofer wurde die alte Basilika weitgehend abgetragen. Nur eine Mauer des Querhauses und die beiden Türme an der Ostfassade wurden in den Neubau integriert. Bis 1712 war die neue Kirche so weit fertig, dass die Weihe zu Ehren des Erlösers und Marias am Himmelfahrtstag durch den Fürstabt Adalbert von Schleiffras (reg. 1700-1714) erfolgen konnte. An der Innenausstattung waren zahlreich bedeutende Künstler beteiligt wie die Stuckateure und Bildhauer Johann Neudecker der Ältere, Giovanni Battista Artari, Andreas Balthasar Weber sowie die Maler Johann Ignaz Albin und Melchior Steidl. Die Kirche weist in ihrer Architektur starke Bezüge zu römischen Kirchen wie der Jesuitenkirche Il Gesù auf. Sie erinnert in ihrer Raumgestaltung nicht mehr an eine Klosterkirche mit einem großen Mönchschor, sondern nimmt als Kathedralbau bereits die 1752 vollzogene Erhebung Fuldas zum Fürstbistum vorweg. Im Westen des Doms befindet sich die Grablege des Heiligen Bonifatius, an der seit 1867 die deutschen Bischöfe zu ihrer Konferenz zusammenkommen.

Das Tor lag 1727 an der Nahtstelle von Stiftsbezirk, Schloss und Stadt zwischen dem Nordflügel des Ehrenhofs und der heutigen Hauptwache. 1711 war es nach Plänen von Johann Dientzenhofer im Rahmen der barocken Neukonzeption der Stadt als repräsentativer Eingang in die Bürgerstadt errichtet worden. Die am Tor angebrachten Figuren des Apostels Paulus und der Fuldaer Stadtpatrone Simplicius und Faustinus schuf Andreas Balthasar Weber. Fürstbischof Heinrich VIII. von Bibra (reg. 1759-1788) ließ das Tor 1771 durch Carl Philipp Arnd an die heutige Stelle versetzen, „um die Kathedralkirche mit der Stadt zu verbinden“, wie es auf einer Inschrift am Tor heißt. Hierbei wurde das Torhaus um 180 Grad gedreht, sodass der Apostel Paulus und die Stadtpatrone stadteinwärts blicken, während ein Relief des Heiligen Bonifatius die Besucher auf der stadtauswärtigen Seite empfängt. Das Modell zeigt den Zustand vor der Versetzung.

Die 1337 erstmals erwähnte Wiesenmühle, in früheren Zeiten auch „weiße Mühle“ genannt, gehörte dem Klosterkonvent, der sie an bürgerliche Pächter verlieh. Ihre Namen finden sich als „Weißmüller“ in der Fuldaer Überlieferung wieder. Die Mühle wurde sowohl als Schneid-, Schlag- und Walkmühle genutzt. Nach einem Brand im Jahre 1803 wurde sie neu aufgebaut und bis in die 1950er Jahre noch als Mühle betrieben. Nach ihrem baulichen Verfall bewahrte sie eine vollständige Restaurierung im Zuge der Neunutzung als Gastronomiebetrieb vor dem Untergang. Das heutige Anwesen mit Hotel, Gastbetrieb, Brauhaus und Biergarten wurde 1990 eröffnet.

Parallel zum Wollwebergraben verlief außerhalb der westlichen Stadtmauer der Leinwebergraben, die heutige Königstraße. Er verband die Vorstadt der Löher über das Grabentor mit dem Abtstor. Die Gebäude am Leinwebergraben gehörten zum hochfürstlichen Altenhof und wurden überwiegend von einfachen Handwerkern bewohnt. Nach der Niederlegung der Stadtmauer wurde der Leinwebergraben seit Mitte des 19. Jahrhunderts in die Stadtentwicklung einbezogen. Den Anfang machte das 1843 errichtete Amtsgericht. Von großer Bedeutung war die 1886 erfolgte Ansiedlung der Wachswarenfabrik Rübsam im Bereich des heutigen Finanzamts. Das etwa an der Einmündung der heutigen
Wilhelmstraße in die Königstraße gelegene Abtstor verband das Gebiet der Abtei mit der Vorstadt der Altenhöfer Gemeinden.

Die Kirche an der mittelalterlichen Gasse des Severibergs wurde zwischen 1438 und 1445 errichtet und diente seit 1451 den Fuldaer Wollwebern als Zunftkapelle. Nach deren Zunftpatron, dem heiligen Severus, ist die ursprünglich auf Maria und Johannes dem Täufer geweihte Kirche benannt. Während der Reformation und im Dreißigjährigen Krieg war die Severikriche das einzige Gotteshaus, in dem die katholische Messe gefeiert werden durfte. Von 1620 bis 1623 und 1626 war die Kirche vorübergehend auch das Domizil der Franziskaner und der Benediktinerinnen.

Im Bereich der beiden Barockgebäude, die heute den Eingang zur Friedrichstraße flankieren (Hotel Kurfürst und Palais Buttlar), standen bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts die fürstliche Alte Kanzlei und das Bannhaus. Die Kanzlei war das Zentrum der landesherrlichen Verwaltung. In ihrer unmittelbaren östlichen Nachbarschaft lag das Haus des Vicedom, des höchsten weltlichen Beamten. Es handelte sich beim Bannhaus um ein Kaufhaus, in dem Güter, die einem besonderen Verkaufszwang oder einem ausschließlichen Verkaufsrecht (Bann) unterlagen, erworben werden konnten. Dies galt etwa für den Bannwein und das Bannbier. Für den Bau einer neuen Münzprägeanstalt musste das Bannhaus, das 1735 abgebrochen wurde, weichen. Die Münze fand im rückwärtigen Teil zur Pfandhausstraße ihren Platz. Heute ist dort das Stadtarchiv untergebracht. Zur Friedrichstraße hin nahm das Gebäude die geistliche und weltliche Regierung auf.

Das heutige Schloss geht auf die Burg des Fuldaer Fürstabts zurück, die dieser am Ende des 13. Jahrhunderts an der Nordostecke der Stadtmauer errichten ließ. Im heutigen Schlossturm sind noch die mittelalterlichen Reste dieser Burg erhalten. Im Laufe der Jahrhunderte erlebte die Abtsburg mehrere Umbauphasen, die im 17. Jahrhundert unter Fürstabt Friedrich von Schwalbach (reg. 1606-1622) zur Errichtung eines Renaissanceschlosses als Vierflügelanlage führten. Der Umbau zu einer barocken Residenz mit zwei Ehrenhofflügeln erfolgte seit 1706 nach den Plänen von Johann Dientzenhofer unter den Fürstäbten Adalbert von Schleiffras (reg. 1700-1714) und Konstantin von Buttlar (reg. 1714-1726). Nach 1806 verlor die Anlage zunächst ihre repräsentative Funktion, wurde dann aber vom Kurfürstentum Hessen kurzzeitig als Nebenresidenz des hessischen Kurprinzen genutzt und in Teilen klassizistisch umgestaltet. 1893 erwarb die Stadt Fulda die Anlage, in der heute zahlreiche Ämter der Stadtverwaltung untergebracht sind. Als Außenstelle des Vonderau Museums sind darin noch mehrere historische Räume, darunter der Fürsten- und der Kaisersaal sowie das Spiegelkabinett, zu besichtigen.

Die Zent bezeichnete einen Verwaltungsbezirk der mittelalterlichen Strafgerichtsbarkeit. Vor dem Zentgericht wurde im Rahmen von Strafprozessen über Leben und Tod gerichtet. Eines dieser Gerichte befand sich mit der Hinrichtungsstätte auf der Grünfläche neben der heutigen Hochschul-, Landesund Stadtbibliothek. Hier wurde auch der „Hexenrichter“ Balthasar Nuß 1618 nach einem längeren Prozess enthauptet. Nuß, der über 200 Personen als Hexen anklagen, foltern und hinrichten ließ, wurde am Schluss selbst angeklagt, da er sich an seinen Opfern bereichert und die Prozesse nicht nach damals geltendem Recht durchgeführt hatte.

Während des Dreißigjährigen Kriegs gelang es Fürstabt Johann Bernhard Schenk zu Schweinsberg (reg. 1623-1632) zur Förderung der katholischen Reformarbeit Benediktinerinnen nach Fulda zu holen. Er wies ihnen hierfür ein Grundstück in unmittelbarer Nähe seiner Residenz zu. Am 24. März 1626 erfolgte die Grundsteinlegung zum Bau von Kirche und Kloster. Die ersten Nonnen kamen aus dem Kloster Kühbach bei Augsburg. Erste Priorin des Konvents war Salome von Pflaumern, die schon 20 Jahre lang in Kühbach als Nonne gelebt hatte. Der Krieg hinderte das Kloster anfänglich in seiner Entwicklung. Erst 1678 konnte die Klosterkirche geweiht werden. Die Säkularisation von 1803 überstand das Kloster unbeschadet, da sich die Schwestern dem Schulunterricht widmeten. Während der Zeit des Kulturkampfs war das Kloster von 1875 bis 1887 geschlossen. Die Nonnen lebten während dieser Zeit in Drouville (Frankreich) im Exil. 1898 erfolgte die Erhebung zur Benediktinerinnenabtei, in der heute noch Nonnen nach der Regel des heiligen Benedikt leben. Die markante Klosteranlage mitten in der heutigen Innenstadt mit Kirche und den von einer großen Mauer umgebenen Konventsgebäuden um einen Kreuzgang sowie dem Klostergarten ist stadtbildprägend.

Ein jüdischer Friedhof, der urkundlich erstmals 1476 genannt wird, befand sich zunächst südlich der späteren, unter dem Namen „Alter jüdischer Friedhof“ bekannten Begräbnisstätte. Zu Beginn der Frühen Neuzeit wurde dieser Friedhof vom fuldischen Landesherrn als einziger Bestattungsort für Juden im Stiftsgebiet bestimmt. Nach der Vertreibung der jüdischen Bevölkerung 1671 wies der Fürstabt den wenigen noch verbliebenen Familien ein kleines Grundstück an der Nikolausstraße als Begräbnisstätte zu, während der alte Friedhof abgetragen und das Grundstück als Ackerland an Pächter ausgegeben wurde. 1685 erhielt die jüdische Bevölkerung einen neuen Begräbnisplatz an der heutigen Rabanusstraße. Dieser „Alte jüdische Friedhof“ wurde zum 1. Juli 1906 geschlossen. Die Gräber blieben bis zur Jahreswende 1938/39 bestehen. In eklatanter Missachtung der jüdischen Bestattungskultur, welche die dauerhafte Totenruhe kennt und eine Abtragung der Gräber verbietet, wurden der Friedhof eingeebnet und Teile der Grabsteine als Baumaterial verwendet. An der nordwestlichen Ecke des Platzes erinnert ein Gedenkstein an die ursprüngliche Bestimmung dieses heute als Park angelegten Ortes, der seit 1996 den Namen Jerusalemplatz trägt.

Die lange Zeit einzige Pfarrkirche der Bürgerstadt liegt genau im Zentrum des von der Stadtmauer umschlossenen Gebiets. Hier befand sich spätestens seit dem 11. Jahrhundert eine Marktkirche, die 1103 durch einen Brand zerstört wurde. Der folgende Neubau wurde 1443-1470 durch eine gotische Kirche mit nur einem Turm ersetzt. Sein heutiges Erscheinungsbild erhielt das Gotteshaus im 18. Jahrhundert, als unter Fürstbischof Heinrich VIII. von Bibra (reg. 1759-1788) eine barocke Kirche den Abschluss der baulichen Umgestaltung Fuldas zu einer Residenzstadt markierte. Nach den Plänen des Jesuiten Johannes Anderjoch (gest. 1771) und unter der Leitung des Baumeisters Franz Engelbert Springer entstand eine dreischiffige Pfeilerbasilika, an deren zum Platz Unterm Heilig Kreuz hin ausgerichteten Westfassade eine Steinplastik des Kirchenpatrons Sankt Blasius über dem Wappen des Fürstbischofs von Bibra zu sehen ist. Das Modell zeigt noch den Zustand der gotischen Kirche vor der barocken Umgestaltung.

Die heutige Kanalstraße verband als längste Verbindung in der mittelalterlichen Stadt das Frauentörlein beim Hexenturm mit dem Kohlhäuser Tor. Ihr früherer Name Wollwebergraben verweist zum einen auf das dominierende Handwerk in diesem Viertel, zum anderen auf den offen durch die Straße führenden kleinen Kanal, der die Stadt mit Wasser versorgte. Im 19. Jahrhundert wurde der Graben zunächst mit Holzbohlen und dann mit Steinplatten abgedeckt. Am Wollwebergraben lag der kleine Platz „Auf der Tanzhütte“, der auf einen Tanzboden verweist, der zu besonderen Anlässen genutzt wurde. Zudem stand hier ein Galgen, an dem zeitweise auch die Todesstrafe vollstreckt
wurde. Ein Markt entstand hier erst am Ende des 18. Jahrhunderts, als man den Kleinhändlern einen eigenen Verkaufsort zuwies. Wahrzeichen des Platzes ist ein Brunnen, der 1791 errichtet wurde und nach seinem Stifter, dem letzten Fuldaer Fürstbischof Adalbert III. von Harstall, als Harstallbrunnen bezeichnet wird. Bei Bombenangriffen am 11. September 1944 wurden die eng um den Gemüsemarkt stehenden Häuser in Schutt und Asche gelegt. 48 Menschen wurden dabei getötet.

Mit Stockhaus benannte man in früheren Zeiten ein Gefängnis. Der Stock war ein Holzblock aus zwei Teilen, die halbkreisrunde Aussparungen enthielten und beim Zusammenlegen der beiden Hälften Hände, Füße oder den Hals des Inhaftierten fest umschlossen. Das danach benannte Gebäude Stockhaus ist in Fulda erstmals 1708 nachgewiesen. Es befand sich an der Judengasse mitten im jüdischen Altstadtviertel und diente bis zum Bau des Amtsgerichts 1843 als Gefängnis. 1874 ging das Anwesen an die jüdische Gemeinde über, die es zunächst als Schule nutzte und 1902 in ein jüdisches Bad (Mikwe) umbauen ließ. Die benachbarte Synagoge erhielt 1859 einen Neubau, der 1927 erheblich erweitert wurde. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Synagoge geplündert und niedergebrannt.

Im Zuge der Rekatholisierung seines zum Teil protestantisch gewordenen Landes holte 1571/72 Fürstabt Balthasar von Dernbach die Jesuiten nach Fulda. Sie bezogen im Bereich des heutigen Kaufhauses Karstadt die verwaisten Gebäude der Franziskanerbrüder, die sich um 1235 in Fulda angesiedelt und nach dem Bauernkrieg die Stadt verlassen hatten. Die ehemalige Barfüßerkirche war eine langgestreckte dreischiffige Basilika ohne Querhaus, die spätestens unter den Jesuiten dem Apostel Petrus geweiht wurde. Mit dem Ende des Jesuitenordens 1773 diente die Kirche bis zur Fertigstellung der neuen Stadtpfarrkirche als Gotteshaus der Bürgergemeinde. 1785 erfolgte der fast vollständige Abriss. In der Nachbarschaft der Kirche befand sich auf dem heutigen Universitätsplatz in Höhe der Dalbergschule der Ackerhof. Dieser stammte mutmaßlich aus dem 15. Jahrhundert und beherbergte eine Niederlassung der Beginen, einer geistlichen Gemeinschaft von unverheirateten Frauen und Witwen.

Von dem Peterstor, das von der Innenstadt in die östliche Vorstadt Petersgasse führte, sind heute noch Fragmente des Vortores erhalten. Am Ende der Petersgasse stand das Cläsgestor, das nach dem vor ihm gelegenen Nikolausspital benannt wurde. Das Peterstor wurde 1823 abgerissen.

Als viertes und jüngstes städtische Spital neben Heilig Geist, St. Kathrin und St- Nikolaus wurde 1451 in der heutigen Brauhausstraße durch eine Bruderschaft das Leonhardspital errichtet. Das dem als Nothelfer geltenden Heiligen geweihte Haus diente der Versorgung von Pilgern beiderlei Geschlechts. Ende des 15. Jahrhunderts wurde das Spital für alle „arme und elende Leute“ geöffnet. Es bestand bis zur Eröffnung des neuen Heilig-Geist-Spitals 1732. Kurz danach erfolgte ein Umbau zu einem Brauhaus.

Das Kohlhäuser Tor trennte als Teil der Stadtmauer die südliche Vorstadt der Löherstraße von der Innenstadt ab. An der wichtigen Handelsstraße von Frankfurt nach Leipzig (Via Regia) gelegen, zählte man am Tor so viele Passanten wie an keinem anderen in der Stadt. 1818 wurde es abgerissen. In direkter Nachbarschaft befindet sich auf der linken Seite stadtauswärts bis heute das Heilig-Geist-Spital. Es geht zurück auf ein um 1290 errichtetes Frauenspital, das zwischen 1727 und 1733 nach den Plänen des bedeutenden Baumeisters Andrea(s) Gallasini zu einer barocken Anlage mit einem dominierenden Kirchenbau umgeformt wurde. Im Spital erfolgte nicht nur eine Versorgung der Kranken, sondern es diente auch als Altenheim sowie Armen- und Arbeitshaus. Heute befindet sich hier das Seniorenzentrum „Heilig Kreuz“.

Der etwa sechs Meter breite und 3,5 Kilometer lange Fulda-Kanal, der bei Kohlhaus von der Fulda abzweigt und von dort Richtung Innenstadt geführt wird, entstand im späten 14. Jahrhundert auf Betreiben der Wollweber. Der Kanal betrieb im Bereich des heutigen Sitzes der RhönEnergie Fulda am Ausgang der Löherstraße die Walkmühle. Später waren hier die Hutstoffwerke. Von der Walkmühle floss der Kanal über die Ziegel- und Hornungsmühle zurück in den natürlichen Lauf der Fulda. Teile des Kanals verlaufen noch heute oberirdisch, der in Stadtnähe befindliche Bereich wurde 1978 verfüllt.

Der Bierturm war ein wichtiger Bestandteil der Stadtbefestigung, an deren südlicher Flanke er sich befindet. Er ist neben dem Hexenturm der am besten erhaltene Überrest der Stadtmauer. In seiner heutigen Form verweist er auf die jüngste Phase der Umwehrung während des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Aufgrund seiner gedrungenen Konstruktion aus Sandsteinquadern war er der einzige Stadtturm, der auch Kanonen tragen konnte. Der Name des Turmes erinnert an die Nutzung als Lagerstätte für Bier.

Das Florentor stand an der südlichen Seite der Stadtmauer. Es stellte die Verbindung zur südlichen Vorstadt Florengasse her, die in früheren Zeiten vorwiegend von den Metzgern bewohnt wurde. Am Ende dieser Gasse stand ein weiteres Tor (Törlein), über das man in den Edelzeller Weg und von dort zum Florenberg gelangte, auf dem eine der Märtyrerin Flora geweihte Kirche stand. Von dieser Heiligen erhielt das Tor seinen Namen. Der fünfgeschossige Torturm wurde bereits 1788 abgetragen, wenige Jahre später entfernte man das Tor.