Der Schlossgarten

Ruhepol und grüne Oase in Fulda

Modernisierung/ Sanierung Wegesystem Schlossgarten

Grundlagen zur Zielstellung des historischen Schlossgartens Fulda

Das Wegesystem im Schlossgarten von 1994 war bis 2020 abgenutzt und sanierungsbedürftig. Aufgrund der besonderen Historie des Schlossgartens, die der Grünanlage einen bedeutenden Wert und Schutzstatus verleiht, wurde beschlossen, eine Gartendenkmalpflegerische Zielplanung für den Bereich Parterre erarbeiten zu lassen.

Wesentlicher Bestandteil des planerischen Gutachtens ist die Anlagengenese, also die Geschichtsforschung zur Entwicklung der Gartenanlage.

Stadt Fulda Schlosspark Historischer Plan von Kördel

Geschichte der Parterreanlage

Die Geschichte der Parterreanlage lässt sich demnach in vier Epochen mit unterschiedlichen Zeitphasen untergliedern:

1706 – 1738 Anlagenphase des Barockgartens

1739 – 1776 Erhaltungsphase des Barockgartens

1777 – 1801 Anlagenphase zum spätbarocken Boskettgarten

1802 – 1826 Überplanungsphase zum Landschaftsgarten

1827 – 1865 Erhaltungsphase des Landschaftsgartens

1866 – 1893 Verfallsphase der preußischen Zeit

1894 – 1913 Anlagenphase des Ausstellungswesens

1914 – 1952 Verfallsphase

1953 – 1960 Anlagenphase der Nachkriegszeit

1961 – 1980 Erhaltungsphase der Nachkriegszeit

1981 – 1994 Überplanungsphase der ersten Landesgartenschau (Entstehung einer neobarocken Anlage)

1995–Gegenwart Erhaltungsphase der neobarocken Anlage

Stadt Fulda Schlosspark Historischer Plan von Kördel

Das barocke Gartenparterre kann auf das Schaffen des berühmten Gartenarchitekten Maximilian von Welsch (* 23. Februar 1671 in Kronach; † 15. Oktober 1745 in Mainz) zurückgeführt werden. Aus dieser Zeit sind zwei Schnitte von Welsch wiederendeckt worden, welche grobe Rückschlüsse zu den ursprünglichen Planungsvorhaben zulassen. Ob diese unvollständig erhalten gebliebene Planung jedoch tatsächlich in dieser Form umgesetzt wurde, kann nicht mit Gewissheit belegt werden.

Ab 1777 wurde der Barockgarten in einen spätbarocken Boskettgarten umgeformt.  Bevor dieser wiederum ab 1802 in einen Landschaftsgarten umgestaltet wurde, hat Leutnant Kördel eine Grundrissaufnahme (Abb. 1) des Boskettgartens angefertigt. Diese Bestandsaufnahme ist der früheste dokumentierte Situationsplan des Schlossgartens und somit elementar für die Formulierung einer gartendenkmalpflegerischen Zielstellung. Mit diesem Plan ist sichergestellt, dass die Anlage in ihrer spätbarocken Phase tatsächlich in dieser Form angelegt war.

Nach Planungen des Landforstmeisters Ernst F. von Hartig wurde der Barockgarten ab 1802 in einen Landschaftsgarten umgestaltet. Das für einen Landschaftsgarten typisch geschwungene Wegesystem wurde in der darauffolgenden Epoche des landschaftlichen Volksparks mehrfach vereinfacht. Da der barocke Schlossgarten ursprünglich auf die Gebäude des Stadtschlosses und der Orangerie bezogen war, konnte der später angelegte Landschaftsgarten nie eine gestalterische Eigenständigkeit erlangen. Er blieb immer als ein Versuch sichtbar, der es nicht schaffte, sich von diesen baulichen Rahmenbedingungen zu lösen. Kam doch der englische Landschaftsgarten aus einem Kontext großer landschaftlicher Güter in England als Mode nach Kontinentaleuropa und war nicht dazu angetan, auf relativ engem Raum in einem architektonischen Rahmen verwirklicht zu werden. Deutlich wird dies beispielsweise in der Zeit des Ausstellungswesens Anfang des 20. Jahrhunderts, als im Kreuzungspunkt erstmals nach der Überformung vor hundert Jahren wieder ein zunächst temporärer Brunnen in die Mitte der ehemaligen Parterreanlage gesetzt wurde.

Dies war die Blaupause für die zweite Überformung der Anlage anlässlich der Landesgartenschau 1994. In dieser Zeit wurde die grobe Flächeneinteilung zwischen Wegesystem und Grünflächen des ursprünglichen Barockgartens aufgegriffen und in stark vereinfachter, historisierender Form hergestellt. Die erhaltenswerten Gehölzstrukturen aus den Epochen des Landschaftsgartens und des landschaftlichen Volksparks wurden dabei in die Planungen integriert. Leider geschah dies nicht nach den Regeln der gartendenkmalpflegerischen Technik, sondern in einer willkürlichen und interpretierenden Art und Weise, in welcher der Garten bis heute erscheint.

Es ist wichtig, sich der Bedeutung dieser Anlage bewusst zu werden, denn sie ist Teil eines übergeordneten barocken Ensembles aus Stadtschloss und Orangerie, aber auch des Fuldaer Doms. Neben der lokalen Bedeutung des Parterregartens ist diese barocke Anlage auch von nationaler Strahlkraft, denn unter den wenigen zu besichtigenden spätbarocken Anlagen Deutschlands ist der Fuldaer Schlossgarten die letzte, die nachweisbar angelegt wurde. Als spätbarock gelten Anlagen, die nach den Erbfolgekriegen oder sogar erst nach dem Siebenjährigen Krieg entstanden sind.

Bewertung

Das Gutachten des Büros L-A-E Landschaftsarchitektur Ehrig & Partner kam in der Bewertung zu folgenden wesentlichen Aussagen:

Stadtschloss und Orangerie haben sowohl einen hohen künstlerischen Wert, als auch einen hohen Denkmalwert. Sie geben dem Ort einen starken barocken Raumbezug und prägen somit den Wesenskern des Schlossgartens.

Der Landschaftsgarten konnte den barocken Raumbezug weder negieren noch stützen, weswegen er von untergeordnetem künstlerischem Wert war.

Die heute vorhandene neobarocke Interpretation des Barockgartens stellt lediglich eine historisierende Anlage dar und entspricht damit nicht den Maßstäben der Denkmalpflege.

Erhaltene unbelebte Strukturen (Treppen- und z. T. Brunnenanlagen) stammen zu weiten Teilen aus der Barockzeit und haben einen hohen Alterswert. Zwischenzeitlich fehlende Bauwerke (Mittelbassin, Pavillons) wurden bereits authentisch rekonstruiert.

Bedeutsame Gehölzstrukturen stammen aus der Zeit des Landschaftsgartens bzw. des landschaftlichen Volksparks und haben somit über die Zeit ebenfalls einen hohen Alterswert aufgebaut.

Die Orangerie im Schlossgarten im Sommer – Fulda
Die Orangerie im Schlossgarten im Sommer – Fulda
Brunnen Schlossgarten – Fulda

Leitbild

Aus diesen Ergebnissen lässt sich für die Sanierung des Wegesystems aus gartendenkmal- pflegerischer Sicht ein integriertes Leitbild ableiten.

  1. Das übergeordnete Leitbild wird vom spätbarocken Boskettgarten (1777 – 1801) getragen, der auch viele bauliche Strukturen aus der Zeit des Hochbarock enthält.
  1. Das untergeordnete Leitbild bildet sich aus den erhaltenswerten belebten Strukturen in Form der Gehölzbestände von der Epoche des Landschaftsgartens bis zur Anlagenphase des Ausstellungswesens (1802 – 1913).

Anhand des integrierten Leitbildes ergab sich die gartendenkmalpflegerische Zielstellung. Im Wesentlichen sieht diese den Rückbau der neobarocken Interpretation des Parterres sowie eine authentische Wiederherstellung des spätbarocken Boskettgartens gemäß des Kördell`schen Situationsplans vor. Der landschaftliche historische Baumbestand ist weitgehend als überlagernde Zeitschicht in die rekonstruierte Barockanlage zu integrieren.

Brunnen Schlossgarten – Fulda

Spätbarocke Parkanlagen in Deutschland

Quellen

EHRIG, EHM EIKE (2020): Gartendenkmalpflegerische Zielplanung für den Fuldaer Parterregarten. L-A-E Landschaftsarchitektur Ehrig & Partner: Bielefeld.

STASCH, GREGOR K. (1988): Maximilian von Welsch und die Fuldaer Orangerie. Parzeller GmbH & Co. KG: Fulda.

STASCH, GRZEGORZ K.  (1989):  Die Residenz der Fuldaer Fürstäbte –  Studien zur barocken Gartenanlage.  Verlag Parzeller: Fulda.

Abb.1.: KÖRDELL (1803/04). Erhalten von: Amt für Grünflächen und Stadtservice Fulda. (bearbeitet).